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Leitzins auf 13% erhöht

Islands Wirtschaft zeigt Überhitzung

 

mat. Stockholm, 6.Juli

 

Die isländische Zentralbank hat am Donnerstag den Leitzinssatz gleich um 0,75% auf 13% angehoben. In erster Linie geht es dabei um die Bekämpfung der Inflation, die mit 8% weit über den von der Bank angepeilten 2,5% liegt. In einer gleichzeitig präsentierten Inflationsprognose der Bank für erwartet man für das 4.Quartal einen weiteren Anstieg auf 11%, was in dem Papier als unakzeptabel hoch bezeichnet wird, womit die Zentralbank Erwartungen für weitere kommende Zinserhöhungen geweckt haben dürfte.  Beobachter bezeichnen bereits die jetzige Zinserhöhung als überraschend hoch, wiewohl man mit einer Anhebung um fünf Prozentpunkte gerechnet hatte. Dazu hat Regierungschef Geir Haarde politisch konzertierende Massnahmen angekündigt. Er will den Finanzsektor unter stärkere Kontrolle bringen, wobei ihm die Fusion von Reichsbank und staatlicher Finanzinspektionsbehörde zu einer kräftigeren Instanz vorschwebt. Mit den Gewerkschaften gedenkt er sich auf Gespräche einzulassen, die zu einer Mässigung des Taktes bei den Lohnerhöhungen führen sollen. Haarde kündigte darüber hinaus Steuererhöhungen sowie ein restriktiveres Public spending an.

 

Die überhitzte isländische Wirtschaft stand seit Monaten unter für ein derart kleines Land ziemlich intensiven Beobachtung. Seit Februar mehrten sich die Zeichen für eine Schräglage.Fitch beurteilte damals, dass das gute Kreditrating des Landes in Gefahr sei. Die dänische Danske Bank drückte sich noch deutlicher aus, und sagte der isländischen Wirtschaft zum kommenden Jahreswechsel eine Rezession voraus, mit einem in den kommenden Jahren um 5-10 % sinkenden BNP und Inflationsraten von um die 10 %. Seither ist der Wert der isländischen Krone gegenüber dem Euro um 22% gesunken. Tatsächlich beträgt das Defizit im Staatshaushalt ca. 20% des BIP, und auch immer wiederkehrende Leitzinserhöhungen der Zentralbank allein haben die Kauflust der Isländer, die zum grossen Teil durch Kredite finanziert ist, nicht stoppen können..

 

Wenn Sand ins isländische Wirtschaftsgetriebe gekommen ist, muss man trotzdem anmerken, dass der bevorstehenden Stagnations- oder auch Abwärtsphase ein ungeheurer Boom vorausgegangen ist. Erst Anfang der 90er Jahre wurde das Wirtschaftsleben dereguliert und schrittweise liberalisiert. Bis dahin dümpelte Island in einer Fast-Planwirtschaft dahin. Die Banken waren in Staatseigentum, der Staat entschied über die wesentlicheren Investitionen, und man lebte mit staatlich gesteuerten Zinsen jahrzehntelang unter einer Hyperinflation. Ausländische Investoren machten einen grossen Bogen um das Land. Erst mit dem Beitritt zum EWR 1993 wurde die isländische Krone konvertibel und man passte die Wettbewerbsregeln in mehreren raschen Schritten an internationale Gepflogenheiten an. Dies führte zu einer langen Reihe innovativer Unternehmensgründungen, wofür die niedrigen Zinsen in Europa die Finanzierung leicht machten. In der Folge lag  ab 1995 das jährliche Wirtschaftswachstum selten unter 5%. Nach Prognose der Notenbank wird das Wachstum in diesem Jahr 4,8 % betragen, und dann im nächsten Jahr auf 0,9% absinken.

 

An der jetzigen Inflationsspirale sind nicht zuletzt die rasant steigenden Immobilienpreise - vor allem im Raum der Hauptstadt Reykjavik- mitschuldig. Der wirtschaftliche Boom der vergangenen Jahre hat vor allem die jüngere Generation in ihren Bann gezogen, wobei das Schaffen eines eigenen Heimes auf Island seit vielen Generationen als wesentlichster, symbolhafter Schritt in Richtung persönlicher Unabhängigkeit betrachtet wird.