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Finnische Pensionsreform nachbessern
Ratschläge im OECD-Länderbericht

 

Die finnische Wirtschaft ist gut in Schuss. Nach einem Jahr mit schwächerem Wachstum peile man nun wieder bessere Raten an, schreibt die OECD. Die ambitionierte Pensionsreform von 2005 solle man lieber nachbessern damit die steigenden Kosten nicht die gegenwärtig stabilen Staatsfinanzen unterminieren. Dem anhaltenden Trend zur Frühpension aus gesundheitlichen Gründen könne erfolgreich entgegengearbeitet werden.

 

mat. Stockholm, 4.Mai

Finnland hat die weltweit innovativste, auf hohem Ausbildungsniveau basierende Wirtschaft, bescheinigt die OECD in ihrem Länderbericht. Im Ranking des World Economic Forum sei Finnland in punkto Wettbewerbsfähigkeit 2005 wieder einmal als Spitzenreiter gelandet. Das Wachstum habe sich allerdings seit der Jahrtausendwende, vor der mehrere Jahre hindurch um die 4% jährlich galten, langsam abgeschwächt (2005: 2,2%), wobei der Beitrag des HiTech-Sektors in der Zukunft dazu kaum wieder jenes hohe Niveau erreichen werde, auf welchem man Ende der Neunziger Jahre zum nationalen Wirtschaftswachstum beitrug. Nach einem wachstumsschwachen 2005, belastet u.a. von Konflikten in der Papierindustrie, sei jetzt allerdings ein Aufschwung (2006: 3,4%; 2007: 2,8%)* zu erwarten. Die Arbeitslosenquote ist mit 8% (2005:8,4%) unter den europäischen Durchschnitt gesunken, die Beschäftigungsquote steigt, und die Inflation ist mit knapp über 1 % die niedrigste innerhalb der Euro-Zone.

 

Hi Tech und Papier stehen unter Konkurrenzdruck

Zwei Branschen hebt die Organisation im Bericht besonders hervor. Nokia ist als weltweit grösster Mobiltelefonhersteller ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Der globale Handy-Marktanteil der Firma sei von rund 35% Mitte der Neunziger Jahre auf zirka 30% 2004 gefallen und sei nun wieder im Ansteigen. Die wachsende Zahl von Konkurrenten sowie die neuen Märkte mit ihren finanzschwachen Verbrauchern hätten zugleich die erzielten Preise und Gewinnmargen gesenkt, wobei allein in den letzten drei Jahren der durchschnittliche Verkaufspreis eines Nokia-Handys um 20% zurückgegangen sei. Die Firma habe 2004 2,8%  des BIP beigetragen. De facto volkswirtschaftlich bedeutender ist die traditionsreiche Holz-, Papier- und Zelluloseindustrie mit einem Beitrag von 4% des BIP, 3% aller in Finnland Beschäftigten und 25% des finnischen Gesamtsexports, wobei die Konzerne Stora Enso und UPM Kymmene weltweit zu den zehn grössten Firmen ihrer Sparte zählen. Der genannte Arbeitskonflikt im Sommer 2005 habe neben dem Wirtschaftswachstum auch den finnischen Gesamtexport beeinträchtigt. Die Papiernachfrage auf den neuen asiatischen Märkten wachse rasant. Allerdings baue China mit seinen niedrigen Arbeitskosten immer mehr Papierfabriken. Dieser Konkurrenz könnten die Finnen nur mit einer weiteren Spezialisierung auf hochqualitatives Papier erfolgreich begegnen, meint die OECD.

 

7 von 10 vorzeitig pensioniert

Ein Hauptproblem Finnlands sei die eminent rasche Bevölkerungsüberalterung, die drohe, das künftige wirtschaftliche Wachstum sowie die Staatsfinanzen zu unterminieren. Anfang 2005 sei eine ambitionierte Pensionsreform in Kraft getreten, die aber bei näherem Hinsehen nicht ausreiche. Einerseits hätte die Regierung Anreize für einen um 2-3 Jahre längeren Verbleib im Arbeitsleben geschaffen. Zugleich erhöhten aber mehrere Elemente die Kosten für das Pensionssystem. Ein Beispiel ist das Anrecht auf Akkumulierung von Pensionsansprüchen in Perioden ohne Erwerbstätigkeit (z.B. Studium). Vor allem aber müsse dem anhaltenden Trend zur vorzeitigen Pensionierung Einhalt geboten werden. Gegenwärtig würden 7 von 10 Bürgern, die in den Ruhestand treten, frühzeitig wegen Arbeitslosigkeit oder Krankheit pensioniert.  Beim vorzeitigen Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen bedürfe es einer gründlichen Revidierung der Regeln. Bei einer grossen Zahl solcher Fälle handle es sich um leichtere Fälle, wie Rückenschmerzen oder leichte mentale Störungen, wo durch medizinische Behandlung gute Aussichten auf Rehabilitation bestünden. Die OECD verweist hier auf das Programm “Pathways to work” in Grossbritannien, wo mittels Therapien und einer Back to work-Prämie erfolgreich die Rückkehr ins Arbeitsleben stimuliert werde.

 

Konkurrenzfähige Staatsunternehmen

Trotz laufender Anstrengungen zur Privatisierung sei der Staatliche Eigentümeranteil an Unternehmen weiterhin hoch. Er betrifft vor allem die Branschen Telekommunikation, Post, Eisenbahn und Gas sowie eine Reihe Industrieunternehmen. An 50 Unternehmen sei der finnische Staat beteiligt, in 31 davon als Mehrheitseigentümer. Die Umsätze der zehn grössten Staatsbetriebe repräsentierten zusammen 13% des BIP. Es gebe allerdings keine Anzeichen dafür, dass die staatlichen Unternehmen im Wettbewerb ihren privaten Konkurrenten notwendigerweise unterlegen seien.

 

Wenn die Regierung ihr Ziel einer Beschäftigungsquote von 75 % (2006: 68,4%*) erreichen wolle, dann seien Steuererleichterungen auf Arbeit angebracht. Die zentralen Lohnabkommen seien zwar hilfreich wenn es gelte, der Inflation sie Stange zu halten, hätten zugleich aber zu einer stärkeren Lonnivellierung geführt, wodurch die Nachfrage nach Arbeitskräften mit keiner oder niedriger Ausbildung immer mehr sinke.

 

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*Prognose(n)